Beschreibung: | Kürzere Hindernisse werden meist mit Hilfe von Holzrinnen, sogenannten Kandeln, Lawaden oder Nueschen, überwunden. Kandel oder Kååndl ist auf das lateinische "canale" zurückzuführen. Für das Deutsche findet sich althochdeutsch chánali, mittelhochdeutsch kanel, neudeutsch einerseits der mit größerem Bedeutungsumfang versehene hochsprachliche Kanál und andererseits der semantisch auf die ‘Rinne aus Holz zu Zwecken der Bewässerung’ eingeschränkte, dialektale Kándl. Die unterschiedliche Betonung auf der ersten Silbe beim dialektalen Wort und auf der Endsilbe beim hochsprachlichen Wort zeugen vom unterschiedlichen Zeitpunkt der Übernahme des Wortes aus dem Romanischen (in dem generell die Endsilbe betont wird) ins Germanische (in dem seit ca. 1000 n. Chr. die erste Silbe betont wird). Kándl, das den Akzentsprung mitgemacht hat, muss also vor dem Übergang zur Erstsilbenbetonung ins Deutsche gekommen sein, Kanál erst danach. Analog zu den Vinschgauer Formen existieren im westlich angrenzenden Graubünden die rätoromanischen Formen chanal, chanel (im Engadin), canal (in der Surselva). So sind westlich und östlich des Reschen Reliktwörter aus lat. ’’CANALIS’’ in der Bedeutung 'Rinne aus Holz, zum Zwecke der Bewässerung' fassbar. Ableitungen vom Etymon ’’CANALIS’’ leben auch weiter östlich, in den ladinischen Tälern der Dolomiten und am Nonsberg fort, bezeichnen dort aber nicht explizit die 'Holzrinnen zur Bewässerung', sondern sind semantisch weiter gefasst. Diese Tatsache rührt wohl auch von dem Umstand her, dass in diesen weiter östlich gelegenen Gebieten durch die dortigen Niederschlagswerte die Bewässerung nicht die zentrale Rolle spielt wie im niederschlagsarmen Gebiet um den Reschen. |